Einer der ätzendsten Nebeneffekte meiner onkologischen Therapieabenteuer in den vergangenen Monaten war definitiv diese unsägliche bleierne Lethargie, eine schier nicht in Worte zu fassende Energielosigkeit und Schwäche, die mich eine gefühlte Ewigkeit auf unser aller Schesslo kettete. Die legendäre Schneckecker Anschlussheilbehandlung brachte dann die überraschende Wende in Form eines ausgiebigen Fitnessprogramms, und Move für Move eroberte ich mir meinen geschundenen Körper zurück. Sport tut gut – wer hätte das gedacht? Gänzlich unerwartet traf mich im Exil zudem die Erkenntnis, dass es möglich ist, sowohl morgens als auch bei schlechtem Wetter Sport zu treiben.
Nie wieder!
Als ich nach vier Wochen Trainingslager nach Hause komme, nutze ich direkt den noch anhaltenden Schwung und erstelle mir stante pede einen Stundenplan, der sich gewaschen hat – nie wieder will ich derart in den Seilen hängen. Ich gönne mir eine onkologische Sportberatung, studiere diverse Sport- und Rehaprogramme, buche mir für jeden Tag mindestens eine Bewegungseinheit und dringe dabei in sportliche Galaxien vor, in denen zumindest ich nie zuvor gewesen bin. So praktiziere ich in den folgenden Wochen jeden Morgen um acht, neun oder zehn Uhr Onkosport, Pilates oder Core Training und belege abendliche Schnupperkurse in Qi Gong und Yoga. Ich schwinge Arme, Beine, Knie, Hüften, Hintern, alles. Ich dehne, drehe, pumpe, rolle, hüpfe, atme, hechle, lächle, wedle, beuge, strecke, links, rechts, vor, zurück, hoch, runter, auf, ab, hin, her, es gibt kein Halten mehr. Einmal geht noch, noch drei, noch zwei, noch eins – und immer die Schultern weg von den Ohren, Ihr seid super!!! In meinem neuen Fitnessfieber ertrage ich sogar total positive und strahlende Trainerinnen, die „uns heute etwas für die Beine mitgebracht“ haben.
Ra-Ra-Rasputin – Lover of the Russian Queen
Damit jedoch nicht genug! Um nicht nur meine Kraft, Beweglichkeit und Mitte, sondern auch noch meine Kondition zu trainieren, walke ich neuerdings in Hochgeschwindigkeit um die Schweinlach, mein Lieblingsflüsschen mit den vielen Brücken. Da das Walken ohne Kursanbindung allerdings ein deutlich höheres Maß an Selbstdisziplin erfordert, muss ich mich mithilfe einiger Strategien bei Laune halten. So belohne ich mich mit einem Paar schicken Hallenschuhen und neckischen weiß-rosa Sportsöckchen, installiere mir eine Outdoor-Strecken-App und gebe damit in der Familiengruppe an. Zudem verewige ich alle sportlichen Aktivitäten in meinem Kalender mit grüner Markierung – je grüner eine Woche, desto stolzer bin ich. Mein Motivationshighlight ist jedoch die eigens für das Schweinlach-Walking erstellte Playlist „Sporty Spice“ – der Name ist Programm! Ab sofort bin ich der weiß-rosa Streifen, den man zu Klängen wie „Rasputin“, „Money Money Money“ oder „Barbra Streisand“ um das Flüsschen fliegen sieht, sogar bei Nieselregen. Die hirnrissigen, aber hilfreichen Beats erfüllen ihren Zweck voll und ganz, sodass ich meine Durchschnittsgeschwindigkeit bereits von bereits sagenhaften 6,5 auf nunmehr unglaubliche 6,7 Stundenkilometer steigern konnte. Wenn ich es jetzt noch schaffe, auch nur einen Bruchteil dieser Aktivitäten in meinen am Horizont heraufdräuenden Arbeitsalltag zu integrieren, ziehe ich den Hut vor mir selbst.
ja glaube ich das? Und ich dachte schon, dass ich der Einzige bin, der nach ca. einem halben Jahrhundert Lebenszeit drauf kommt, dass gegen das Walken an und für sich nichts spricht, außer, dass man keine Hand frei hat, wenn man eine gescheuert bekommt (frei nach Helge Schneider). Aber damit kann ich gut leben und ja, vielleicht crossen sich unsere walks ja demnächst mal flußauf- oder flußabwärts 😉
Liebe aktuelle
Da ich nächste Woche aus einem anderen Schneckeck entlassen werde können wir uns auch mal daran versuchen, fliegende Synergieeffekte zu erzeugen.
Ich bin zum einen ein Wassergymnastikfan geworden, nachdem ich das immer für popeligen Seniorenkram gehalten hatte. Bis sich gezeigt hat, dass ich in den Fluten gegen 65jährige voll abschiffe und mich danach 3 Tage nicht bewegen kann!
Und zum Sporty Spice: Habe schwungvolle Hallenerfahrungen gemacht zu Dschingis Khan und Scooter. Ich sag nur FIRE!!!!
Kann ich nur zustimmen.
Engel vom Kleinen Wiesental
Anja du bist wunderbar!!! Weiter so, und im Herbst walke ich mal mit
Schnatterina vom gegenüber😉
Liebe Schnatterina, wenn Du so schnell walkst, wie Du liest, muss ich mich aber ordentlich ins Zeug legen!